Aaron Gordon bei den Denver Nuggets – Das fehlende Puzzlestück auf dem Weg zum Titel?
Das Titelrennen in der NBA scheint in diesem Jahr so offen und umkämpft zu sein, wie lange nicht mehr. Der Topfavorit und Titelverteidiger aus L.A. hat mit Verletzungen seiner beiden Superstars LeBron James und Anthony Davis zu kämpfen und auch andere Top Contender, wie die Philadelphia 76ers und die Brooklyn Nets plagen Ausfälle ihrer vermeintlich besten Spieler. Die Denver Nuggets, die in dieser Saison selbst große Startschwierigkeiten hatten, wittern ihre Chance und schicken mit der Verpflichtung von Aaron Gordon zur Trade Deadline eine Kampfansage nach Los Angeles.
Gute Offense um Nikola Jokic
Die Denver Nuggets stehen nach Problemen zu Saisonbeginn mittlerweile mit einem Record von 27-18 auf Platz fünf in der Western Conference. Diese Platzierung haben sie ihrer starken Offensive um MVP Kandidat Nikola Jokic zu verdanken. Der Joker spielt eine überragende Offensiv-Saison und führt die Liga im Player Efficiency Rating und den Offensiv Win Shares an und legt dazu als Big Men die drittmeisten Assists aller Spieler auf. Jokic alleine ist bereits Garant für eine überdurchschnittliche Offense. In Kombination mit Jamal Murray, der nach anfänglichen Problemen im Februar und März durchschnittlich 23 Punkte bei 50 Prozent aus dem Feld und 45,5 Prozent Dreierquote auflegt und einem stark aufspielenden Michael Porter Jr. muss man sich um die Offensive der Nuggets wahrlich keine Sorgen machen. Das ligaweit viertbeste Offensivrating beweist, dass die Nuggets unter dem gegnerischen Korb mit jedem Team in der Association mithalten oder sogar dominieren können.
Defense wins Championchips
Die Probleme des Teams aus der Mile High City liegen am anderen Ende des Feldes. Zwar wagen die Brooklyn Nets gerade das Experiment mit einer historisch guten Offensive den Titel zu holen, bis dahin gilt jedoch noch immer die alte Basketball-Weisheit, dass Titel in der Defense gewonnen werden. Und hier liegen auch die Probleme der Denver Nuggets. Das Team von Headcoach Mike Malone belegt aktuell Platz 21 im Defensive Rating. Zwar wird ein Team um Jokic wohl nie eine Top Verteidigung in der NBA stellen, die Nuggets müssen sich in dieser Disziplin dennoch verbessern, wenn sie eine Chance auf einen tiefen Playoffrun haben wollen.
Der Abgang von Jerami Grant nach Detroit hat in Denver eine große defensive Baustelle hinterlassen. Zwar standen die Nuggets auch mit Grant in der letzten Regular Season lediglich auf Platz 16 im Defensive Rating, der Forward war aber der mit Abstand beste individuelle Verteidiger der Nuggets in den Playoffs. Es war Grant, der mit seiner Länge und Athletik in den Bubble-Playoffs die Superstars der Gegner verteidigte. Egal, ob Kawhi Leonard, Paul George oder LeBron James, Jerami Grant war die erste defensive Wahl der Nuggets und machte seinen Job recht ordentlich. Seit seinem Abschied fehlt Denver diese Option völlig. In der Regular Season kann diese Problematik durch die gute Offense einigermaßen kaschiert werden, in der Post Season wäre die Schwachstelle jedoch gnadenlos offengelegt worden. Speziell, wenn man bedenkt, dass Denver mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits in der ersten Runde gegen eben genannte Superstars ran muss.
Aaron Gordon – die Lösung aller Defensivprobleme?
Durch die Verpflichtung von Aaron Gordon zur Trade Deadline hat Denver genau diese Baustelle adressiert. Gordon kam zusammen mit Gary Clark für Gary Harris, Rookie R.J. Hampton und einen geschützten 2025 first round pick aus Orlando.
Mit einer Größe von 2,06m, 100 Kilo und einer Spannweite von 2,13m bringt Gordon alle körperlichen Voraussetzungen mit, um die defensive Rolle von Jerami Grant mindestens gleichwertig auszufüllen. Über seine Athletik müssen wir spätestens seit den legendären Dunkcontests gegen Zach LaVine sowieso nicht mehr reden.
Five years ago, Aaron Gordon and Zach LaVine put on a dunk contest for the ages 🎥 pic.twitter.com/HWQq13PgBI
— ESPN (@espn) February 13, 2021
Ob Air Gordon die ihm zugedachten Aufgaben zur Zufriedenheit seines Coaches ausfüllen kann, wird sich in den Playoffs zeigen. Mit Gordon auf dem Feld eröffnen sich Mike Malone auf jeden Fall jede Menge neuer defensiver Möglichkeiten. Durch seine Fähigkeit sowohl schnelle Point Guards als auch deutlich größere Forwards zu verteidigen, gibt Gordon Denver die Option alle Screens, in denen Jokic nicht involviert ist zu switchen. In einem möglichen Smallball Lineup mit JaMychal Greent auf Center könnten die Nuggets sogar alles switchen.
Dennoch dürfte die primäre Aufgaben für Gordon in der Verteidigung der gegnerischen Superstars liegen. Die Liste seiner häufigsten defensiven Matchups in Orlando liest sich, wie das Who Is Who der Liga: Jimmy Butler, Luka Doncic, James Harden, Giannis, Durant… Genau diese Superstars soll Gordon in den Playoffs nun auch für Denver verteidigen.
Abgang von Gary Harris tut weh
Mit der Verpflichtung von Aaron Gordon lösen die Nuggets ihr dringlichstes Defensivproblem, schwächen sich aber gleichzeitig durch den Abgang von Gary Harris an einer anderen Stelle. Zwar waren die offensiven Leistungen von Harris in den letzten Jahren seit seiner 84 Millionen Dollar Vertragsverlängerung alles andere als berauschend, dennoch war Gary Harris als Nummer Eins Verteidiger auf der Guard Position ein wichtiger Bestandteil des Teams aus der Mile High City.
Harris war in der letztjährigen Erstrundenserie gegen die Utah Jazz ein maßgeblicher Grund für den Comeback Sieg der Nuggets nach 3-1 Rückstand. In den ersten fünf Partien ohne Harris erzielte Utah im Schnitt 122 Punkte, mit ihm wirkte Donovan Mitchell auf einmal nicht mehr unaufhaltsam und Utah scorte nur noch 93 Punkte.
Diese Art Lockdwon Defender wird Denver dieses Jahr im Duell mit Gegnern, die Spieler wie Paul, Booker, Lillard oder McCollum in ihren Reihen haben, fehlen. Es wird sich zeigen, ob die verbliebenen Guards der Nuggets diese Lücke schließen können.
Akzeptiert Gordon seine Rolle?
Gordon’s defensive Aufgaben liegen auf der Hand. Am anderen Ende des Feldes wird sich zeigen, wie Gordon sich in das offensive System der Nuggets einfinden wird. Im Gegensatz zu seiner Rolle in Orlando, sollte Gordons Usage Rate in Denver an der Seite von offensiv potenteren Spielern, allen voran Nikola Jokic, deutlich nach unten gehen. Er wird den Ball deutlich weniger in den Händen haben und sollte sich mehr auf das Stellen von Screens und viel Bewegung abseits des Balls konzentrieren. Akzeptiert Gordon diese Rolle, passt er auch offensiv sehr gut zu Jokic, Murray und Porter Jr.
Denver mit Gordon Titelfavorit?
Auch nach der Addition von Gordon kommen die Topfavoriten auf den Titel, vorausgesetzt alle Spieler sind fit, weiterhin aus Los Angeles und Brooklyn. Denver ist aber auf jeden Fall näher an die Topteams herangerückt und hat sich in Stellung gebracht, sollten die anderen Teams wackeln. Der Abgang von Gary Harris ist zwar schmerzhaft, dennoch ist die Upside, die Denver durch die Verpflichtung von Gordon hat, deutlich größer. Im Idealfall fungiert Gordon sowohl in der Defensive als auch in der Offensive als qualitativ hochwertiges Schweizer Taschenmesser und gibt Denver dadurch genau das, was ihnen in dieser Saison für einen tiefen Playoffrun fehlt. Und eventuell reicht es in dieser verrückten Saison sogar für mehr…