Nowitzkis Erben (3/6) – Isaiah Hartenstein
Die The Vibes Originals Serie “Nowitzkis Erben” widmet sich ganz den deutschen Spielern in der besten Basketballliga der Welt. Es steht außer Frage, wer der beste deutsche Basketballspieler aller Zeiten ist. Dirk Nowitzki hat sich spätestens mit seinem Titel 2011 im Trikot der Mavs nicht nur in Dallas unsterblich gemacht. Er hat die deutsche Nationalmannschaft über Jahrzehnte zu Medaillen geführt und war der erste Europäer, der in der NBA zum wertvollsten Spieler gewählt worden ist. Über den langen Blonden aus Würzburg wurden unzählige Artikel, Geschichten und Bücher geschrieben. In dieser Rubrik wollen wir uns daher nicht mit ihm sondern seinen Nachfolgern beschäftigen. Aktuell wandeln sechs Deutsche auf den Spuren Nowitzkis in der besten Basketballliga der Welt: Dennis Schröder (Los Angeles Lakers), Maxi Kleber (Dallas Mavericks), Daniel Theis (Boston Celtics), Moritz Wagner, Isaac Bonga (beide Washington Wizards) und Isaiah Hartenstein (Denver Nuggets). Diesen Spielern, Nowitzki Erben, wollen wir unsere Aufmerksamkeit widmen. In dieser Folge geht es um Isaiah Hartenstein. Zum ersten Teil unserer Serie über Daniel Theis geht es hier und hier zu Teil zwei über Maxi Kleber.
Persönliche Erfahrungen
Wenn der Name Isaiah Hartenstein fällt, denken die meisten vermutlich an die NBA, die Nationalmannschaft, die Denver Nuggets oder an Nikola Jokic. Wenn ich an Isaiah Hartenstein denke, fällt mir als aller Erstes die Jugend Basketball Bundesliga (JBBL) Saison von 2014 ein. Meine Mannschaft hatte damals noch kein Spiel gewonnen (wir würden im Laufe der Saison auch kein Spiel mehr gewinnen) und wir traten am Wochenende gegen das Team der Artland Dragons an. Bei den Dragons spielte neben Hartenstein noch Philipp Herkenhoff (heute BBL in Vechta). Wir verloren das Spiel haushoch und bis heute existiert ein Highlight Video des Spiels, das für ein U16 Spiel untypisch voller Dunks und Alley-oops ist. Hartenstein wurde in dieser Saison MVP in der JBBL und die Dragons wurden ungeschlagen Deutscher Meister – Hartenstein wurde MVP des Top 4. Im Jahr darauf wurde er in der Nachwuchs Basketball Bundesliga (NBBL) Nachwuchsspieler des Jahres. In seinem ersten Spiel in der NBBL legte er grundsolide 21 Punkte, 30 Rebounds und 5 Blocks auf. Gegen ihn zu spielen, war im Jugendbereich schlicht unfair. Er war riesig im Gegensatz zu den anderen Spielern, für seine Größe ziemlich schnell und zusätzlich sprang er einfach über seine Gegenspieler drüber.
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Eines der größten Talente Europas
Schluss jetzt mit meinen persönlichen Erfahrungen. Denn es ist viel interessanter, über die Erfahrungen zu schreiben, die Isaiah Hartenstein bisher gesammelt hat. Das sind nämlich einige und es handelt sich dabei nicht um den typischen Werdegang eines Talents, dass den Sprung in die NBA schafft. Geboren wurde er in Amerika und kam erst mit elf Jahren nach Quakenbrück, wo sein Vater Florian aktiver Basketballprofi war. Isaiah spielte für insgesamt sieben Spielzeiten in dem kleinen Dorf in Niedersachsen. Sein Vater nahm ihn unter seine Fittiche und trainierte seinen Sohn selber in NBBL und JBBL. Wie bereits angesprochen, gewannen sie die JBBL Meisterschaft und dabei bezwangen sie im Halbfinale das Team von Bayern München und im Finale die Bamberger Nachwuchsmannschaft. In den nächsten Jahren folgten weitere Top 4 Teilnahmen der Dragons und das auch ohne Hartenstein. Quakenbrück wurde somit auch durch die Hartensteins zu einem gefragten Standort in Deutschland.
Folgerichtig wurde Isaiah zu einem der gehyptesten Talente in Europa und entwuchs seiner Competition in der NBBL. Deswegen wurde er Teil der damaligen Bundesligamannschaft der Artland Dragons und nach deren Zwangsabstieg in die ProB, ein wichtiger Spieler der ambitionierten Drittliga-Mannschaft. In seiner einzigen Saison in der ProB, die er vorzeitig abbrach (dazu gleich mehr), legte der damals 17-jährige durchschnittlich 11,6 Punkte und 9 Rebounds auf.
Isaiah Hartensteins Weg in die NBA
Hartenstein entschied sich allerdings gegen den „üblichen“ Weg in die NBA. Er wechselte nicht zu einem der renommierten Colleges aus den USA. Stattdessen entschied er sich zu einem Wechsel nach Litauen zum nationalen Aushängeschild Zalgiris Kaunas. Er erhielt einen mehrjährigen Vertrag, verblieb aber zunächst durch eine einjährige Leihe im Quakenbrücker Pro-B Team. Trotz des Vertrages blieb er aber nur für ein Jahr in Litauen. Er lief insgesamt 34-mal für Kaunas auf, darunter auch fünf Einsätze in der Euroleague.
Nach seinem Auslandsaufenthalt meldete sich der Deutschamerikaner für die NBA Draft 2017 an. Dort wurde er an 43. Stelle von den Houston Rockets ausgewählt. Vor der Draft war es durchaus denkbar, dass Isaiah Hartenstein eine Chance besitzt, in der ersten Runde gewählt zu werden, doch vor der Draft wurden ihm ein gesundheitliches Risiko zugesprochen, welches sich bis heute in keiner Weise bestätigt hat. Dadurch wurde ihm die Chance auf einen garantierten Vertrag eines First-Round Picks genommen, die Rockets glaubten dennoch zunächst an seine Entwicklung und Hartenstein wurde später zum 16. deutschen NBA Spieler. Auf sein NBA-Debut musste er allerdings einige Zeit warten. Sechs Tage nach der Draft tradeten die Rockets in einem Blockbuster Trade für Chris Paul und befanden sich somit im „Win-Now“ Modus. Zeit zum Ankommen gab es somit für Hartenstein nicht. Für ihn ging es stattdessen in das G-League Team der Rockets – die Rio Grande Valley Vipers. Dort absolvierte er im ersten Jahr insgesamt 38 Spiele, in denen er 9,5 Punkte und 6,6 Punkte aufs Parkett brachte.

Endlich NBA-Profi
Das schien den Rockets zu genügen, um ihn ein Jahr nach der Draft unter Vertrag zu nehmen. Somit war Isaiah Hartenstein endgültig in der NBA angekommen. Den Sprung in die Rotation gelang ihm unter Coach Mike D’Antoni nicht. Dennoch lief er in seiner ersten NBA Saison insgesamt 28-mal für die Rockets auf. Seine sieben Minuten pro Spiel reichten nicht, sich in eine größere Rolle zu spielen. Deswegen war sein Hauptschauplatz nicht die NBA, sondern die G-League. Der Zweitrunden-Pick nahm diese Rolle an. Nun stand er fast doppelt so lange auf dem Parkett als noch im Vorjahr. Seine Minuten nutzte er und kam in der regulären Saison fast auf ein double-double mit 19,5 Punkten und 9,7 Rebounds sowie 2 Blocks pro Spiel. In den anschließenden Playoffs, schaffte Hartenstein den Durchbruch in der G-League. Er führte sein Team zum Titel und legte in den fünf Playoff-Spielen 24 Punkte und 15 Rebounds im Schnitt auf. Dabei traf er 50 Prozent aus dem Feld und 47 Prozent seiner Dreier. Damit wurde er zum Finals-MVP.
Man sollte meinen, das sollte die Rockets beeindruckt haben. Vielleicht hat es sie sogar beeindruckt, doch der Durchbruch in der NBA blieb aus. Die Rockets setzten ihn in der folgenden Saison nur 23 Mal ein. Zwar durfte er im Schnitt über 10 Minuten ran, doch die Rockets verfolgten damals andere Pläne und Center, die nicht Clint Capela hießen, spielten darin keine Rolle. Zwar gehörte er nun zu den besten G-League Spielern, doch das reichte dem Deutschen bei Weitem nicht. Das Ende einer gescheiterten Ehe schien nahe. Nachdem die Rockets auch von ihrem Co-Star Chris Paul genug hatten, entschieden sie sich einfach ohne einen Big Man aufzulaufen, was für Hartenstein und auch Capela zum Verhängnis wurde. Fast auf den Tag genau drei Jahre nachdem er von den Rockets gedraftet wurde, war das Verhältnis wieder beendet.
Hartensteins Zukunft in der NBA war in Gefahr, davon ließ er sich jedoch nicht aus dem Konzept bringen. Es gab einige Gerüchte, bei denen die Rede davon war, dass das deutsche Megatalent die Rückkehr nach Europa antreten könnte. Barcelona schien wie schon vor seinem Wechsel nach Kaunas Interesse an ihm zu haben. Er entschied sich aber gegen eine Rückkehr und verweilte in Amerika. Dort arbeitete er mit seinem Vater an seinem Game mit der Hoffnung auf eine Rückkehr in die beste Liga der Welt.

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Willkommen in Colorado
Im November 2020 erfüllten die Denver Nuggets diese Hoffnung und statteten Isaiah Hartenstein gleich mit einem Vertrag über zwei Jahre aus. Dabei war seine Rolle – anders als in Houston – von Tag eins an klar. Mike Malone plant den 2,13-Mann als Backup für Superstar Nikola Jokic ein. Eine Rolle, die auf den ersten Moment aufgrund der Leistungen von Jokic dünn aussieht, ist aber eine deutlich verbesserte Situation für den deutschen Nationalspieler als noch zuvor bei den Rockets. Coach Mike Malone plant ihn als festen Bestandteil der Rotation ein. Dabei springen für Hartenstein bislang zwar nur neun Minuten heraus, doch diese finden nicht mehr in der Garbage-Time statt, sondern dann, wenn es zählt. Zwar hat Hartenstein in seinen Minuten auf dem Feld noch einige Problem mit seinem Foul Management allerdings sind seine Minuten ohnehin beschnitte, weshalb diese Tatsache nicht allzu besorgniseregend ist. Hartenstein hat im System von Malone eine bemerkenswert hohe Usage von 20 Prozent. Mit dem Center auf dem Feld erlauben die Nuggets ihren Gegnern lediglich 106 Punkte zu. Abhängig von der Performance der Nuggets ist damit zu rechnen, dass er in den kommenden Wochen mehr Spielzeit sehen wird. Zwar ist Jokic unverzichtbar für die Nuggets allerdings ist mit Hinblick auf die Playoffs ist nicht damit zu rechnen, dass es bei seinen fast 36 Minuten pro Spiel bleibt. In seiner Karriere stand er um die 30 Minuten auf dem Feld, was bedeutet, dass Hartenstein noch die ein oder andere Minute mehr sehen könnte.
Für den Nationalspieler ist sein Ziel „ein Star in seiner Rolle“ zu sein, noch lange nicht erfüllt. Alle Anlagen für eine lange NBA Karriere bringt er mit. Bleibt zu hoffen, dass er sich in Situationen wiederfinden kann, in denen er diese auch effektiv einbringen kann und das er sich ein paar Scheiben von Nikola Jokic abschneiden darf. Vielleicht schafft er es dann ja sogar in der ein oder anderen Szene genau so dominant zu wirken wie damals in der JBBL.