German Watch (2/6) – Season Recap Isaac Bonga
In einer neuen NBA Offseason-Serie lässt unser Gastautor Philip Wohlfarth die Saison aus Sicht der deutschen NBA Spieler Revue passieren. Philip ist als Host des Podcasts „NBA mit deutscher Brille“ ein absoluter Experte, wenn es um die Geschehnisse rund um Schröder, Theis & Co. geht. Er wird in den nächsten Wochen ein Fazit hinter die Saison der einzelnen Spieler ziehen.
Nachdem in Teil 1 der Serie Isaiah Hartenstein im Fokus stand schaut Philip heute auf die Saison von Isaac Bonga.
Teil 1: Isaiah Hartesteins turbulente Saison
Teil3: Dennis Schröder – Große Chance verspielt?
Teil 4: Daniel Theis – Erfahrung im knallharten Business
Teil 5: Moritz Wagner – Achterbahnfahrt entlang der Ostküste
Teil 6: Maxi Kleber – Der nächste Schritt mit Hürden
Isaac Bonga: Zweite Reihe im dritten Jahr
In seiner zweiten NBA-Saison hatte Isaac Bonga überraschenderweise eine relativ große Rolle innegehabt. Nach seinem Trade von den Lakers in die Hauptstadt zu den Washington Wizards konnte er im Trainingscamp überzeugen und etablierte sich, in Abwesenheit des Langzeitverletzten John Wall, als Starter. Auch wenn er immer wieder mal „gebencht“ wurde, spielte Isaac eine wichtige Rolle im Wizards-Kader. Vor allem am defensiven Ende wurden seine Qualitäten vom Trainerstab geschätzt und von den heimischen Wizards-Kommentatoren gefeiert, aber auch offensiv war er teils sehr effizient (True Shooting im Januar 2020: 75,6%).
Die Saison verlief für die Hauptstädter nur mäßig und in der „Bubble“ verpasste man ohne Beal, Wall & Bertans deutlich die Playoffs. Mit der Rückkehr von Wall und der wachsenden Unzufriedenheit von All-Star Bradley Beal rückte in Bongas dritter Saison jedoch der Teamerfolg in den zentralen Fokus.
Große Konkurrenz
Man wusste nicht was man von John Wall noch erwarten konnte. Wall bestritt sein letztes Spiel am 26.12.2018. Wahrscheinlich war auch das Front Office skeptisch, weshalb man Wall während der Saisonvorbereitung gegen Russell Westbrook nach Houston tradete. Spätestens jetzt hieß es: Win now! Das verbesserte die Aussichten für Bongas Spielzeit nicht unbedingt, zumal die Konkurrenz im Kader groß war. Junge Spieler wie Troy Brown Jr., Thomas Bryant und Rui Hachimura hatten starke individuelle Leistungen in der Bubble gezeigt. Dazu kamen die Neuverpflichtungen Robin Lopez, Raul Neto und der vielversprechende Rookie Deni Avdija, die ebenfalls alle eine wichtige Rolle in der Rotation spielen wollten.
Bonga wieder Starter
So war es schon überraschend, dass Bonga in den ersten Saisonspielen wieder starten durfte. Offensichtlich überzeugte er Trainer Scott Brooks erneut im Trainingcamp. Bonga spielte auch nicht schlecht, er erfüllte seine Rolle: Meist den besten Spieler des Gegners in Schach halten und vorne die freien Würfe treffen. „Izzy Efficiency“ traf in den ersten 3 Spielen 8 seiner 10 Würfe, hatte ein positives +/- Rating von +25, doch die Wizards verloren ihre ersten vier Spiele mit Bonga als Starter, u.a. zwei Mal gegen die, nicht gerade als Powerhouse der Liga bekannten, Magic. Gerade in der Crunchtime gelangen den Wizards oft keine Stopps und sie verspielten so teils sehr hohe Führungen.
Schwierige Zeiten in Washington
Coach Brooks war nach dem schlechten Start früh in der Saison unter Druck und reagierte. Mit der Genesung von Hachimura (Augenverletzung) wurde „Izzy“ nicht nur zum Bankspieler degradiert, sondern kam künftig nur noch sporadisch zum Einsatz und war aus der eigentlichen Rotation raus. Vielleicht kann man ihn auch als „Bauernopfer“ bezeichnen, denn Brooks traute sich nicht seine namhaften Spieler auf die Bank zu setzen. Irgendwen musste es ja treffen.
Erst als sich Mitte Januar das Corona-Virus im Wizards-Kader ausbreitete und sechs Spieler positiv getestet wurden, sah Bonga wieder relevante Minuten. Doch das Selbstbewusstsein des erst 21-jährigen schien verflogen. Er suchte kaum noch den Abschluss, weder von der Dreierlinie noch beim Zug zum Korb. Es wirkte sogar so, als würde er den Ball kaum noch haben wollen oder erwarten. Seine Cuts zum Korb waren entsprechend ohne die notwendige Aggressivität. Die Unsicherheit aufgrund der unklaren Rolle konnte man ihm ansehen. Im Übrigen galt das nicht nur für Bonga.
Später stellte sich auch heraus, dass erst eine offene Aussprache in einem Teammeeting für etwas Klarheit sorgte. Nach dem miserablen Start (3 Siege aus 18 Spielen) konnten die Wizards nun endlich mal ein paar Spiele in Folge gewinnen, darunter auch gegen starke Kontrahenten wie die Lakers, Nuggets oder Celtics. Unter anderem hatte Moritz Wagner entscheidenden Anteil an dieser Serie, Isaac Bonga blieb aber nur eine sporadische Rolle.
Immerhin hatte er hier und da mal ein paar gute Abende, bei denen er (wie fast immer) weniger durch große Zahlen auf sich aufmerksam machte, sondern eher durch die kleinen Dinge: Defense, Hustle und Teamplay. Bei bestimmten Matchups griff Trainer Brooks auf Bongas Stärken zurück. Beispielsweise gegen die Top-Platzierten Utah Jazz war seine defensive Flexibilität von Vorteil. Ob Ingles, Mitchell, Clarkson oder Bogdanovic: Bonga ist von den Postionen 1-4 kein defensives Mismatch. Beide Spiele gegen die Jazz gewannen die Wizards.

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Aufschwung bis in die Playoffs
Die Wizards sowie Bongas Einsatzminuten blieben in der Folge aber inkonstant und die Playoffs rückten in weite Ferne. Erst ein historisch gutes Triple-Double-Monster Westbrook und Scoring-Maschine Bradley Beal konnten die Wizards mit 17 Siegen aus den letzten 23 Spielen doch noch ins Play-In-Tournament hieven. In dieser Zeit wurde Bonga fast nur noch in der Garbage-Time eingesetzt, oder wenn es so überhaupt nicht lief. So war es auch im Play-In-Tournament, wo man sich im 2. Anlauf gegen die Pacers durch setzte, und in den Playoffs, wo sich die Wizards den Philadelphia 76ers in 5 Spielen geschlagen geben musste. Immerhin konnte Bonga dort etwas Playoff-Luft schnuppern und war auch in ein paar wenigen relevanten Spielszenen auf dem Parkett. Leider traf er nicht einen seiner fünf Würfe und konnte sich somit nicht für mehr Einsatzzeit empfehlen
Fazit und Ausblick
Bonga hat immer wieder gezeigt, dass er vor allem in der Defense ein wertvoller Spieler sein kann. Um sich in der NBA durchzusetzen, muss er aber einen halbwegs stabilen Wurf aufweisen. Der Erfolgsdruck der Wizards erzeugte gepaart mit dem miserablem Saisonstart eine schwierige Situation für den gebürtigen Neuwieder und insgesamt war seine dritte Saison leider enttäuschend.
Bonga ist aber immer noch ein sehr junger Spieler, der sich mit genügend Vertrauen und Spielzeit noch in der NBA etablieren kann. Vielleicht hilft ihm die Zeit mit der deutschen Nationalmannschaft bei Olympia, um sich seiner Stärken zu erinnern und Selbstvertrauen für die neue NBA Saison zu tanken.
Isaac Bonga wird jetzt „Restricted Free Agent“, das heißt die Wizards könnten jedes Angebot mitgehen und ihn somit behalten. Allerdings kann man bezweifeln, ob die Washington Wizards Bonga überhaupt halten wollen, obwohl man seine Qualitäten dort prinzipiell wertgeschätzt hat. Wahrscheinlich würde ein Wechsel zu einem Team im Aufbau für beide Seiten mehr Sinn machen. Man darf auf jeden Fall hoffen, dass Bonga einen Platz finden wird, wo er sein Potenzial entfalten kann, eventuell auch in Europa.
German Watch Serie
Teil 1: Isaiah Hartensteins turbulente Saison
Teil 3: Dennis Schröder – Große Chance verspielt?
Teil 4: Daniel Theis – Erfahrung im knallharten Business
Teil 5: Moritz Wagner – Achterbahnfahrt entlang der Ostküste
Teil 6: Maxi Kleber – Der nächste Schritt mit Hürden